– Ein Kommentar von Manfred Wolff –
Der digitale Euro wurde erstmals 2002 (!) vom BDOA konzipiert und auf einem Workshop der damals noch sehr jungen EZB vorgestellt. Als „VMM“ (Virtual Micro Money), d.h. als „Bargeld in anderer Form“ für primär kleinere Bezahlbeträge, wurde die weiter entwickelte Version der EZB 2008 und 2009 zusammen mit dem HDE, dem bevh und EuroCommerce (Europäischer Verband der nationalen Handelsverbände) präsentiert. Banken bzw. Kreditwirtschaft sahen dies von Anfang an eher als Gefahr denn als Chance. Gefährlich deshalb, weil Kunden ihre Sichtguthaben auf dem Girokonto in Eurodigits® umschichten könnten und den Geldinstituten damit sowohl Datenwissen als auch Profits aus Zahlungsverkehr und eigener Giro-Geldschöpfung als Kredit entgehen. Es als Chance eines besseren Gesamtsystems unserer Zahlungsabwicklung zu sehen, das dann auch robust gegen Einflüsse außereuropäischer Zahlungsdienste bei Amazon, Meta, Alipay, usw. ist, wurde immer kurzsichtig ignoriert. Jetzt lotet die EZB zusammen mit Amazon (sic!, kaum zu fassen) die Machbarkeit eines digitalen Euros aus, der bargeldähnlichen Charakter haben könnte. Parallel arbeiten deutsche Geschäftsbanken seit Jahren daran, einen Token-Euro als Buchgeld, d.h. Euros als CBMT, Commercial Bank Money Token zu schaffen. Der wäre wiederum nur auf das Giraldgeld/Bankguthaben bezogen. Die deutsche Industrie fordert statt Kleinbeträgen den digitalen Euro vor allem für Großzahlungsbeträge und automatisierte Zahlverfahren auf Basis von Smart Contract Plattformen. Das wiederum gefällt der EZB vermutlich, da sie sich in ihrer eigenen gedanklichen Hierarchie (1. Zentralbank. 2. Geschäftsbanken. 3. Nichtbanken-Großunternehmen. 4. Nichtbanken-KMU. 5. Nichtbanken-Private Endverbraucher) von den unwichtigen kleinen privaten Endverbrauchern vermutlich gerne maximal weit entfernt sieht. Eine echte Bedrohung liegt aus Sicht des BDOA aber darin, dass eine Volkswirtschaft, die ihre Geldwirtschaft nicht mehr voll funktionsfähig unter eigener Kontrolle hat, damit irgendwann auch ihre demokratische Legitimation verliert: Wenn es privatwirtschaftlichen globalen Einheiten gelingt, im Chaos unabgestimmter Gesamtkonzeption eigene digitale Werteinheiten in den Zahlungskreislauf einzubringen, weil bei ihnen gekauft und verkauft wird, weil bei ihnen sich die Menschen jederzeit sozial zusammenfinden, werden eben diese Menschen den privatwirtschaftlich globalen Einheiten zuneigen und in der Folge zuarbeiten. Das gefährdet aus Sicht des BDOA unsere freiheitlich demokratische Grundordnung in Europa. Gegen diese privatwirtschaftlich globalen Einheiten wird dann nichts mehr durchsetzbar sein. Ignoranz und kleinteiliger kurzfristiger Eigennutz dürfen deshalb nicht die Richtschnur bei der gesamteuropäischen Neugestaltung unserer digitalen Zahlungskreisläufe sein.